aktuell

archiv

home

  Ex-Partei-Führer vor Gericht
 

QU: Basellandschaftliche Zeitung, 04.11.2003

Schläger / Das ehemalige Oberhaupt der ultrarechten PNOS muss sich morgen
vor Gericht verantworten. In sechs Fällen soll der Baselbieter tätlich
geworden sein.


Liestal. Der ehemalige Führer der rechtsextremen Partei National
Orientierter Schweizer (PNOS), der gegen gewalttätige Ausländer hetzte,
steht morgen Mittwoch selbst wegen Gewaltanwendungen vor Gericht ­ in sechs
Fällen. Dabei beschreibt sich die rechtsextreme Partei, die im Kanton Aargau
an den Nationalratswahlen teilnahm, selber als «gewaltlos».

Bestimmt nicht gewaltlos ist laut Anklageschrift ihr ehemaliges
Parteioberhaupt: Gegenüber seinen Opfern trat der heute verheiratete
Familienvater aus dem Baselbiet meist mit Kollegen in der Übermacht auf. Er
traktierte nicht nur Ausländer, sondern auch Schweizer mit Faustschlägen und
Fusstritten. Und sogar die Basler Ex-Freundin des Angeklagten ist spitalreif
geschlagen worden.

Nicht besser ist es den anderen ergangen, die dem Angeklagten in die Quere
kamen: Etwa einem Berner Sicherheitsbeamten, der an einem Hockey-Match den
Ausweis verlangte hatte, oder M.M. der nichts zum Rauchen dabei hatte.
Prellungen und Rissquetschwunden erlitt auch ein Besucher der Liestaler
Sportbar, der sich nicht von rassistischen Äusserungen provozieren lassen
wollte. Ebenso ein «Scheissausländer» aus Ormalingen. Auf seinem Kopf
zerbarst ein Bierglas.

Die beiden Opfer, die morgen vom Liestaler Anwalt Dieter Roth vor Gericht
vertreten werden, wagen es nicht, sich öffentlich über das ihnen zugeführte
Leid zu äussern ­ aus Angst vor Repressalien. Eine
Opfer-Täter-Gegenüberstellung versuchte der Anwalt zu verhindern ­ weil die
«Wunden, die meinen Mandanten zugefügt wurden, nicht verheilt sind», sagt
Roth. Das Gericht hat dem Antrag aber nicht stattgegeben.

Der Baselbieter Rechtsextremist ist in unserer Region kein Unbekannter. Im
August 2000 organisierte er mit seiner Partei einen Demonstrationszug durchs
Stedtli Liestal. In Rheinfelden versuchte er einen Skinhead-Laden zu
eröffnen, wo er Neonazi-Musik, Reichkriegsflaggen und Skindhead-Kleider
verkaufen wollte. Eine kurze Zeit betrieb der Täter einen Versandhandel mit
den einschlägigen Artikel im Internet.

Gegenüber der bz gab sich der Angeklagte diesen Sommer als «bekehrt vom
rechtsextremen Gedankengut». Er habe den Austritt aus der PNOS gegeben, um
seine Person solle Ruhe einkehren, sagte er vor ein paar Monaten. Doch
bereits im vergangenen August ist er wieder am PNOS-Parteitag im bernischen
Walkringen gesehen worden. Der ehemalige Parteipräsident sei «kollegial
begrüsst» worden, schrieb die «Berner Zeitung».

«Der Austritt ist nur Taktik im Vorfeld des Gerichtfalls», sagt ein
Szene-Kenner. Und Samuel Althof, seit langem in der Rechtsextremismus-
Prävention tätig, meint: «So lange der Täter rechtsextreme politische
Veranstaltungen aufsucht, sind seine Distanzierungs-Erklärungen
unglaubwürdig.» (wah)


© Aktion Kinder des Holocaust