Wieso beteiligt sich eine jüdische Friedensaktivistin an der Kampagne Olivenöl?

Als ich vor einiger Zeit angefragt wurde, ob ich mich an der Kampagne Olivenöl beteiligen möchte, habe ich spontan zugesagt. Wenn ich gewusst hätte, welch schwierige Diskussionen und Auseinandersetzungen da auf mich zukommen, hätte ich wahrscheinlich gezögert. - Trotz allem: es hat sich gelohnt.

Als die Intifada ausbrach, befanden wir uns in Israel. Nach dem ersten Schock war uns sofort klar, dass wir verstärkt gefordert sind. Spontan entstanden Friedenszelte, in denen wir uns mit palästinensischen Israelis trafen, um die Ereignisse zu besprechen, zu verarbeiten, aber auch um Aktivitäten zu vereinbaren. Eine der Aktivitäten war, einem israelisch-palästinensischen Bauern im Wadi Ara, dessen Olivenhain neben einem Militärschiessplatz lag, beim Pflücken der Oliven zu helfen. Eine grosse Gruppe von HelferInnen traf sich auf dem Hain, wo wir den ganzen Tag Sack um Sack mit Oliven füllten. Für einige war es eine nicht ganz leichte Arbeit, doch wurden wir durch die Gastfreundschaft und die vielen guten Gespräche mehr als belohnt. Die Solidarität hat uns noch lange begleitet. Als wir im Dorf den Weg verfehlten, merkten wir, dass sich die Aktion schon herumgesprochen hatte. Beide Seiten wussten nun voneinander, dass es trotz Schiessereien und Unruhen Menschen gibt, die ein erträgliches Zusammenleben wollen und auch bereit sind, dafür etwas zu tun. - Im letzten Mai beteiligte ich mich an einem Solidaritätskonvoi, bei dem mehr als 200 FriedensaktivistInnen Lebensmittel und Medikamente in die besetzten Gebiete brachten. Natürlich war es wichtig, den leidenden und von der Umwelt abgesperrten Menschen zu helfen - noch viel wichtiger war es aber, dass wir miteinander - zum Teil recht heftig - ins Gespräch kamen und trotz aller Differenzen spürten, dass wir uns von den gegenseitigen Feindbildern lösen müssen und dass wir erneut einen Weg des Dialogs, auch wenn dieser noch so unangenehm ist, erproben sollten. Wir können nicht immer nur an die andere Seite Forderungen stellen und Kritik üben, sondern müssen selber bereit sein, schmerzhafte Konzessionen zu machen. Nur so kommen wir einer einigermassen gerechten Lösung einige Schritte näher. Wenn wir nicht in Respekt und Würde nebeneinander leben und die immensen Probleme nicht gemeinsam angehen können, werden beide Seiten untergehen.

Die Stellungnahme in der beiliegenden Erklärung "Nein zur Besatzung - Ja zum Frieden" wird auch von Givat Haviva geteilt. Daraus wird ersichtlich, dass beide Konfliktparteien wieder lernen müssen, zusammen zu arbeiten. Nur wenn wir uns weiter treffen - auch wenn wir einigermassen respektvoll miteinander streiten - verwandelt sich das Misstrauen wieder in ein Fünkchen Hoffnung auf Frieden.

Dem Vorstand des Freundeskreises von Givat Haviva und den FreundInnen in Givat Haviva danke ich für die Unterstützung und der Gruppe 'Kampagne Olivenöl', dass wir trotz Divergenzen immer noch am selben Tisch sitzen können. Wir werden zerzaust, aber um einige Erfahrungen reicher, aus diesem Prozess rauskommen.
"Wenn nicht ich für mich bin, wer denn ist für mich? - Doch wenn ich nur für mich bin, was bin ich? - Und wenn nicht jetzt, Wann?" (Rabbi Hillel)

Ursula Rosenzweig

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© Aktion Kinder des Holocaust 2001