Rechtsextreme Partei wirbt per Inserat Mitglieder
QU: Sonntagszeitung, 18. November 2001

Ein 23-Jähriger amtet als Parteipräsident und Betreiber eines Skinheadladens


"Kunz'' demolierter Laden
Rheinfelden - Die rechtsradikale Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) wagt sich an die Öffentlichkeit: Mit politischen Inseraten und einem Laden mit Skinhead-Klamotten, Reichskriegsflaggen und Neonazi-Musik.
«Werden Sie heute noch Mitglied», warb am Mittwoch die PNOS in einem Inserat im «Baslerstab».
Die Partei sei gegen Ausländergewalt, Drogen, den Nato- und EU-Beitritt und wolle sich «für eine neutrale und unabhängige Schweiz» und «die Zukunft unserer Schweizer Kinder» einsetzen.

Ihre braune Farbe bekennt die PNOS erst auf ihrer Partei-Webseite. «Im Kampf für das Überleben unseres Schweizer Volkes stellt die PNOS den besonderen Schutz der Familie, als Träger des biologischen Erbes, in den Mittelpunkt ihres politischen Wollens.» Die Sozial- und Steuerpolitik müsse vor allem junge und kinderreiche Schweizer Familien fördern. Die PNOS werde deshalb die Ausgliederung von Ausländern aus dem schweizerischen Sozialversicherungssystem fordern.
Von solchen rechtsextremistischen Parolen ist im Inserat keine Rede. «Die PNOS spielt Biedermann, um gesellschaftsfähig zu werden», sagt Hans Stutz, Beobachter der rechtsextremen Szene.

Der 23-jährige Sacha Kunz, ehemaliges Mitglied von «Blood and Honour», ist Präsident der PNOS. «Unsere Mitgliederzahl ist dreistellig», behauptet er. Genaue Zahlen will Kunz aber nicht nennen. Ein Eintrag im Gästebuch der PNOS-Homepage erwähnt 200 Mitglieder. «Ich zweifle daran», sagt Stutz. «Wenn das zutreffen würde, hätte die PNOS eine Mitgliederstärke erreicht, die in der Schweiz noch keine rechtsextremistische Gruppierung nach dem Zweiten Weltkrieg aufwies.»
Sacha Kunz ist gleichzeitig Inhaber des Lolo-Versands an der Geissgasse in Rheinfelden. Gemäss Handelsregistereintrag will der Laden «Kleider und Schuhe» verkaufen. Der Versandkatalog listet aber auch Musik-CDs auf. «Die meisten CDs auf der Liste sind rechtsextrem, aber nicht verboten», sagt Marc Bootz, Spezialist für Online-Rechtsextremismus bei http://Jugendschutz.net.

Doch in der Bevölkerung wächst der Widerstand gegen den Neonazi-Laden. Noch vor der Eröffnung haben Unbekannte am 10. November die Scheiben eingeschlagen. Die Polizei ermittelt. Eine Nachbarin hat jetzt bei der Gemeinde den Bauzustand des Gebäudes bemängelt. «So könnten wir die Ladeneröffnung hinausschieben oder gar verhindern», sagt der zuständige Bezirksamtmann.
Die Homepage des Lolo-Versands wird Sacha Kunz in Kürze aufschalten. Sie liegt auf einem Neonazi-Server in den USA.

Daniela Palumbo


Anm. AKdH: Gemäss AKdH Recherchen stimmen im Handelsregister die Angaben zur Wohnadresse von Sascha Kunz nicht. Die AKdH hat Kenntnis von einem anderen Wohnort.

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