«Wo es hell ist, dort ist die Schweiz»
Flüchtlinge
und Fluchthilfe an der Schaffhauser Grenze zur Zeit des Nationalsozialismus
Battel, Franco
Reihe: Schaffhauser Beiträge zur Geschichte, Verl. Chronos, Zürich
336 S. 22
Abb. Geb.
ISBN 3-905314-05-3

Mittlerweile
liegt eine Fülle von Untersuchungen vor, welche die Schweizer Flüchtlingsgeschichte
zur Zeit des Nationalsozialismus detailliert abbilden und reflektieren.
Was aber geschah in den Kantonen? Darüber ist bisher nur wenig
bekannt. Diese Lücke zu füllen ist von einiger Bedeutung,
da den Kantonen bei der Durchsetzung der Flüchtlingspolitik eine
gewichtige Rolle zukam. Franco Battel untersucht in seiner Arbeit die
Schaffhauser Flüchtlingspolitik. Auch wenn dieser Kanton nie im
eigentlichen Zentrum der Fluchtbewegung stand, war er aufgrund seiner
langen und unübersichtlichen Grenze gleichwohl ein beliebter Fluchtpunkt.
Dem damaligen Geschehen an der Schaffhauser Grenze kommt eine überregionale
Bedeutung zu. Waren beispielsweise die in Bern formulierten Weisungen
und die konkrete Praxis an der Grenze deckungsgleich? Das Buch zeigt,
dass die Schaffhauser Fremdenpolizei in den ersten Jahren des Nationalsozialismus
repressiver gegen kommunistische Flüchtlinge vorging, als sie dies
gemäss eidgenössischer Weisungen hätte tun müssen.
Erst ab 1942 entwickelte sich vor allem gegenüber jüdischen
Flüchtlingen eine Schaffhauser Praxis, die humaner war als die
Vorgaben aus Bern. Dass es von der Deportation bedrohten Jüdinnen
und Juden überhaupt gelang, sich bis an die Schaffhauser Grenze
durchzuschlagen und diese zu überwinden, war meistens der Ortskenntnis
von Fluchthelferinnen und Fluchthelfern zu verdanken. Mittels Polizei-
und Gerichtsakten, aber auch autobiografischen Texten und Interviews
mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zeichnet der Autor verschiedene Fluchtwege
nach und stellt die Frage nach den Motivationen für die Fluchthilfe.
Die Arbeit vermittelt eine Gesamtschau, die über die Kriegsjahre
und einzelne Flüchtlingskategorien hinaus auch die Aufnahme- und
Rückweisungspraxis, beispielsweise gegenüber entwichenen Kriegsgefangenen
und Zwangsarbeitsflüchtlingen, vergleicht und auch das Verhältnis
zwischen der jüdischen Gemeinde und den Flüchtlingen sowie
die Wechselbeziehungen zwischen der Schaffhauser Arbeiterbewegung und
den kommunistischen Flüchtlingen untersucht.
Was wird aus
uns noch werden?
Briefe der Lörracher Geschwister Grunkin aus dem Lager Gurs, 19401942
Lukrezia Seiler, (Hg.)
ISBN 3-905314-16-9
Verlag: Chronos, Zürich
Vor 60 Jahren, am 22. Oktober 1940, wurden über 6500 Juden aus
Baden, der Pfalz und dem Saarland in das Internierungslager Gurs am
Fusse der Pyrenäen deportiert. In diesem überfüllten
Lager, in welchem Hunger, Kälte, Morast und unbeschreibliche hygienische
Zustände herrschten, wurden die Vertriebenen fast zwei Jahre lang
gefangen gehalten: Viele starben, einige wenige konnten das Lager verlassen,
ein grosser Teil wurde im Herbst 1942 nach Auschwitz deportiert und
umgebracht.
Auch in der südbadischen Kreisstadt Lörrach wurden an jenem
Morgen die letzten noch in der Stadt verbliebenen Juden zusammengetrieben,
auf Lastwagen verfrachtet und abtransportiert. Unter ihnen befanden
sich die Geschwister Marie und Josef Grunkin, 27 und 31 Jahre alt, zusammen
mit ihrer Mutter Fanny Grunkin. Aus dem Elend des Lagers schrieben die
Geschwister viele Briefe an ihre in der Schweiz verheiratete Schwester
Rosa, schilderten ihre Not und baten um Hilfe, vor allem für die
alte Mutter. Es gelang denn auch wirklich, die Mutter im Frühjahr
1941 in die Schweiz zu holen, doch alle Gesuche an die Eidgenössische
Fremdenpolizei, auch für die Geschwister eine Einreisebewilligung
zu erhalten, wurden abgelehnt.
Die erhalten gebliebenen 32 Briefe und Karten stehen im Zentrum des
Buches. Sie geben Einblick in die schrecklichen Zustände im Lager
Gurs. Sie zeugen aber auch vom Mut und Durchhaltewillen der beiden Geschwister,
die versuchten, im Elend des Lageralltags so etwas wie Normalität
zu leben. Erst in ihren letzten Briefen steigt eine Vorahnung auf vom
schrecklichen Schicksal, das sie erwartet. Marie Grunkin wurde am 6.
August 1942 mit dem ersten Deportationszug aus Gurs nach Auschwitz transportiert
und dort umgebracht; Josef Grunkin wurde anfangs September deportiert,
musste aber noch über zwei Jahre die Hölle von Auschwitz erleiden,
bevor auch er anfangs 1945 in Buchenwald ermordet wurde.
Das Buch enthält neben den Briefen aus Gurs eine kurze Lebensgeschichte
der Geschwister Grunkin vor ihrer Deportation und eine Darstellung der
Deportation der Lörracher Juden anhand von Zeitzeugenberichten
und Fotos. Vor allem die Rolle der Schweiz, welche einige Mitglieder
der Familie Grunkin rettete, den andern aber jede Hilfe verweigerte,
wird anhand von zahlreichen Dokumenten beleuchtet.

Emigrationen
- Lebensstationen eines Juden aus Deutschland
Wolf Zeev Ehrenberg
Verl. Chronos, Zürich
ISBN 3-905314-15-0
Die Familie des damals siebenjährigen Autors befand sich unter
den knapp 80'000 deutschen Juden, die nach Palästina auswanderten.
Nach den 1933 erlassenen Berufsverboten fiel seinem Vater, einem überzeugten
Zionisten, die Entscheidung nicht schwer. Von Pforzheim, der süddeutschen
Stadt am Rande des Schwarzwalds, wird der Zweitklässler an den
fernen Rand des Mittelmeers katapultiert. In der kleinen, vorwiegend
von Juden aus Osteuropa bewohnten Ortschaft Bne Brak in der Nähe
von Tel Aviv mausert er sich rasch zu einem hundertprozentigen Hebräer.
Die Beschreibung einer Kindheit in dem von Grossbritannien verwalteten
Palästina lässt bereits die Konflikte im späteren jüdischen
Staat erahnen, welche einerseits die Araber von den Juden, andererseits
die säkularen von den orthodoxen Juden trennten. Dagegen ist die
Spannung zwischen orientalischen und europäischen Juden noch kaum
aktuell, um so mehr aber diejenige zwischen ost- und westeuropäischen
Juden.
Mit der Aufnahme des Ingenieurstudiums in Zürich 1946 wird der
nun Zwanzigjährige mit der helvetischen Nachkriegswirklichkeit
konfrontiert. Er schwankt zwischen Bewunderung und Ablehnung, vieles
bleibt ihm unbegreiflich. Nach dem Abschluss des Studiums und der Gründung
einer Familie macht seine Integration rasche Fortschritte. Zwei Themen
werden ihn ein Leben lang beschäftigen: die Doppelbödigkeit
des technisch-wissenschaftlichen Fortschritts und - aufgrund seiner
starken Bindung zum Land seiner Jugend - die von der Geschichte überrollten
palästinensischen Araber.
Das Buch ist eine Collage aus Erinnerungen und Reflexionen, Tagebuchaufzeichnungen
und Briefen, das den Schwerpunkt der Betrachtungen auf die Jahre des
Heranwachsens und des jungen Erwachsenenalters legt.
Wolf Z. Ehrenberg
1926 in Süddeutschland geboren, wuchs nach seiner Auswanderung
1933 in Palästina auf. Nach seinem Studium an der Eidgenössischen
Technischen Hochschule in Zürich und mehrjähriger Ingenieurtätigkeit
arbeitete er bis zu seiner Pensionierung 1991 als Dozent an der Fachhochschule
in Biel-Bienne.

Insel Schweiz
Hilfs- und Rettungsaktionen sozialistisch-zionistischer Jugendorganisationen
1939-1946
Mit einem Vorwort von Prof. Yehuda Bauer
Heini Bornstein, Taschenbuch
Verl. Chronos
ISBN: 3905313804
Nach dem 21. Zionistenkongress im August 1939
in Genf verliessen alle zionistischen Emissäre Europa - mit Ausbruch
des Krieges wurde der Kontakt zwischen Europa und Palästina abgebrochen.
Einzig die verschiedenen jüdischen Instanzen in Genf hielten den
Kontakt mit den Führern der jüdischen Gemeinden in den von
den Nazis besetzten Ländern aufrecht. Von der Schweiz aus wurden
umfassende Hilfsaktionen organisiert. Heini Bornstein, 1920 in Basel
geboren, war Mitglied der zionistischen Jugendbewegung «Haschomer
Hazair». Er half mit, ein Verbindungsnetz der zionistisch-sozialistischen
Jugendbewegungen, insbesondere seiner Jugendbewegung, zu errichten.
In diesem Buch beschreibt er die Flüchtlingspolitik der Schweiz,
das Dilemma der Schweizer Juden und die Rettung von Hunderten von Flüchtlingen
auf illegalen Wegen in die Schweiz. Von der Schweiz aus wurden Lebensmittelpakete
und Medikamente in die Ghettos und in die Konzentrationslager gesandt.
Bornstein berichtet auch darüber, wie die jüdischen Untergrundbewegungen
in Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei mit Schweizer Dokumenten
sowie mit südamerikanischen Pässen versorgt wurden. Mit Kurieren
wurden Gelder und Informationen überwiesen. Auch die intensiven
Verbindungen mit den jüdischen Widerstandsbewegungen in Frankreich,
Belgien, Italien kommen zur Sprache.
Viele der zahlreichen in diesem Buch veröffentlichten Briefe zwischen
dem Verfasser und den Führern der jüdischen Widerstandsbewegung
in den verschiedenen Ländern sind in einer Geheimsprache geschrieben,
die Heini Bornstein für die heutige Leserschaft entschlüsselt.
Diese Briefe, meist mit Kurieren in die Schweiz gebracht und auch an
die Zentralen in Palästina, Amerika und England weitergeleitet,
sind einzigartige Zeugenaussagen zur Shoah. Sie machen deutlich, dass
jede noch so kleine Hilfe als Zeichen der Unterstützung gewertet
wurde.
Bornsteins Buch zeigt eindrücklich, dass für die Opfer des
Naziterrors mehr hätte getan werden können - von allen Seiten.


Die Schweiz und die Juden 1933-1945
Jacques Picard
Gebundene Ausgabe (1997)
Verlag Chronos, Zürich,
ISBN: 3905311224
Das flüchtlingspolitische Kapitel der
Schweizer Geschichte im Zweiten Weltkrieg ist von der Geschichtsforschung
bereits aufgehellt worden. Die Studie von Jacques Picard bringt eine
andere Dimension in den Blick: den Zusammenhang von schweizerischer
Judenpolitik und internationaler Migrationspolitik.
Das Verhältnis der Schweiz zu ihren eigenen wie zu den fremden
Juden wird anhand eines Drei-Kreise-Modells erörtert: im äußersten
Kreis die internationale Szene, vorab das Dritte Reich, das faschistische
Italien und die westliche Alliierten; in einem mittleren Kreis die Schweiz,
geprägt von judenfeindlichen Haltungen und einer außenpolitischen
Strategie der Anpassung und Beschwichtigung; und in einem inneren Kreis
die jüdische Minderheit, deie diesem doppelten Druck standzuhalten
versucht und wiederum ihre eigenen Flüchtlinge zu versorgen und
zu disziplinieren gezwungen ist.


Die Rückkehr des J-Stempels
Georg Kreis
Taschenbuch (2000)
Verlag Chronos, Zürich
ISBN: 3905313340
Der für den deutsch-schweizerischen Grenzverkehr
1938 eingeführte J-Stempel hat drei Geschichten: eine Vorgeschichte,
eine Nachgeschichte und eine Gegenwartsgeschichte. Die Geschichte seiner
Gegenwart ist die wichtigste. Hier muss nachgewiesen werden, welche
Menschen unter welchen Umständen wegen dieses Stempels an der Flucht
vor ihren künftigen Mördern gehindert wurden. Es gibt diese
Geschichte, wir kennen sie jedoch kaum. Die Vorgeschichte dagegen ist
die bisher am stärksten beachtete und am heftigsten diskutierte
und betrifft die Verhältnisse und Vorgänge, die zur Regelung
von 1938 geführt haben. Warum zum J-Stempel eine Nachgeschichte?
Es entspricht einem akademischen Interesse zu untersuchen, wie der J-Stempel
historiografisch verarbeitet wurde. Dieser Längsschnitt kann die
verschiedenen Positionen sichtbar machen und sagt zum Teil mehr aus
über die Kommentatoren als über den Gegenstand. Eine Auseinandersetzung
mit der Nachgeschichte erweist sich neuerdings auch als gesellschaftspolitisch
nötig. 1997/98 ist im rechtsbürgerlichen Milieu eine Bewegung
aufgekommen, die mit einiger Resonanz das bestehende Geschichtsbild
zu revidieren versucht. Durch sie ist die Behauptung in Zirkulation
gesetzt worden, der Schweiz werde seit mehr als vierzig Jahren immer
wieder «fälschlicherweise» vorgehalten, für den
J-Stempel verantwortlich zu sein. Die Studie zeigt, dass eine partielle
Revision der personalisierten Schuldzuweisung keineswegs zu einer Entlastung
der Schweiz führt. Die Schweiz wird allen revisionistischen Bemühungen
zum Trotz den J-Stempel nicht los, er gehört zu ihrer Vergangenheit.
Man kann sich aber darum bemühen, dass die darin zum Ausdruck kommende
Mentalität kein bestimmendes Element ihrer Gegenwart ist. In den
Jahren nach 1945 war der J-Stempel kein Thema. Erst über mehrere
Etappen 1954, 1967 und 1973, dann 1994/95 erhielt er einen festen Platz
im kollektiven Gedächtnis. Der Revisionismus der jüngsten
Zeit hat auf diese wachsende Präsenz reagiert und damit diese Präsenz
nur noch verstärkt.


Bankgeschäfte mit dem Feind
Gian Trepp
Gebundene Ausgabe - 236 Seiten (1996)
Verl. Rotpunkt, Zürich;
ISBN: 3858690651
Trepps spannend geschriebenes Buch verzeichnet
minutiös die sinistren Aktivitäten der Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich, die bereits während des Krieges der Öffentlichkeit
nicht verborgen blieben und auf alliierter Seite zu wachsendem Widerstand
gegen die BIZ führten.


Grüningers Fall. Geschichten von Flucht
und Hilfe
Stefan Keller
Taschenbuch - 261 Seiten (1994)
Verl. Rotpunkt, Zürich
ISBN: 3858691577
Die große historische Reportage über den St. Galler Polizeihauptmann
Paul Grüninger, der in den dreißiger Jahren seinem Gewissen
und nicht den Gesetzen folgend zahlreichen Juden und Jüdinnen das
Leben rettete.


Das Gold der verfolgten Juden
Isabel Vincent
Gebundene Ausgabe - 333 Seiten (1997)
Verl. Diana, München;
ISBN: 3828450032
England und die USA mussten es zugeben: Sie hatten
nach Kriegsende Teile des in Schweizer Banktresoren verschwundenen Goldvermögens
der Nazis und ihrer Opfer erhalten. Doch entscheidende Fragen blieben
unbeantwortet: Wo sind die Hunderte von Millionen geblieben, die verfolgte
Juden in die Schweiz brachten? Warum war die Schweiz bereit, für
die Führungsriege der Nazis private Geheimkonten einzurichten?
Warum konnten nach Kriegsende flüchtende Nazis noch mit Schweizer
Hilfe rechnen? Die kanadische Journalistin Isabel Vincent, mit guten
Verbindungen nach Südamerika, forschte über zwei Jahre lang
nach dem Vermögen der Naziopfer; sie beschäftigte sich aber
auch mit dem Schicksal jener Familien, die heute Gerechtigkeit fordern.


Bibliographie zur Geschichte der Juden in der
Schweiz
Annie Fraenkel, Uri R. Kaufmann
Gebundene Ausgabe (1993)
Verl.Saur, K.G., Mchn.
ISBN: 3598111398


Ich, Carmen Mory
Das Leben einer Berner Arzttochter und Gestapo-Agentin (1906-1947)Caterina
Abbati
1999. 262 S. 12 Abb. s/w Br.
ISBN 3-905313-03-0
Im Herbst 1932 liess sich Carmen Maria Mory, eine 26jährige Berner
Arzttochter, in Berlin nieder. Sie war intelligent, attraktiv, vielseitig
begabt und mit einem Instinkt für die richtige Begegnung zur richtigen
Zeit versehen. Carmen Mory führte ein abenteuerliches Leben als
Agentin der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) zuerst in Deutschland,
später in Frankreich. Die Gestapo schickte sie auch regelmässig
nach Zürich, um dort im antifaschistischen Verlegermilieu die Stimmung
zu sondieren.
1940 wurde sie von einem französischen und 1947 von einem britischen
Militärgericht zum Tode verurteilt. Das Todesurteil konnte in beiden
Fällen nicht vollstreckt werden: In Frankreich wurde Carmen Mory
von den Deutschen aus der Haft entlassen, in Hamburg entzog sie sich
der Urteilsvollstreckung durch Selbstmord. «Es tut mir sehr leid,
aber ich kann Ihre britische Hinrichtung nicht abwarten», schrieb
sie dem englischen Ankläger in ihrem Abschiedsbrief.
Seit Februar 1941 war sie im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert.
1944 wurde sie Blockälteste des Krankenblocks 10. Dort machte sie
sich gemäss der britischen Anklage am Tod von Mithäftlingen
schuldig.
Was bewog die junge Frau, die alle Voraussetzungen besass, ein komfortables
Leben zu führen, im Dienst einer totalitären Macht zu spionieren
und Menschen zu denunzieren? War Abenteuerlust im Spiel? Ging es um
Geld- und Genusssucht, oder war es schlichter Opportunismus?
Anhand von Quellen aus Archiven in England, Deutschland und der Schweiz
zeichnet die Autorin ein facettenreiches Persönlichkeitsprofil
von Carmen Mory, die sie in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit zu
erfassen versucht. Mit dieser Biographie wird auch ein Beitrag zur Geschichte
der Beziehungen zwischen Nazi-Deutschland und der Schweiz in mikrohistorischer
Perspektive geleistet.


Der Milliarden-Deal
Holocaust-Gelder - wie sich die Schweizer Banken freikauften
Pierre Weill, 272 Seiten, Weltwoche-ABC-Verlag, Zürich 1999,
ISBN 3-85504-179-2
Die Auseinandersetzung um die nachrichtenlosen Vermögen gilt als
die grösste aussenpolitische Krise der Schweiz seit Ende des Zweiten
Weltkrieges. Die Anschuldigungen und die Forderungen jüdischer
Organisationen und Holocaust-Opfer haben die Fundamente der schweizerischen
Bankenwelt erschüttert und das Geschichtsbild der Schweiz angekratzt.
Fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sah sich die Schweiz
plötzlich mit Vorwürfen aus den USA konfrontiert.
Dieses Buch zeichnet die Entstehung der Krise nach. Es zeigt auf, wie
Falschmeldungen das Thema nachrichtenlose Vermögen in die Schlagzeilen
der Weltpresse brachten und vom Jüdischen Weltkongress in New York
mit dem Segen von US-Präsident Bill Clinton und Israels Premierminister
Itzchak Rabin aufgegriffen wurde. Es schildert, wie ein Treffen in einer
Bar zum Volcker-Prozess und eine manipulierte Frage in einem Interview
mit dem damaligen Bundespräsidenten Jean-Pascal Delamuraz zur Schaffung
des Humanitären Fonds führte. Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen,
Behauptungen und Gegenbehauptungen, Enthüllungen und Vertuschungen,
Zufall und Planung haben schliesslich zum New Yorker Vergleich geführt,
den die Banken mit den Vertretern der jüdischen Sammelklägern
erzielten.


Eine andere Schweiz
Helferinnen, Kriegskinder und humanitäre Politik 1933-1942
Antonia Schmidlin , Verl. Chronos, 1999. ISBN 3-905313-04-9
Die schweizerische Kinderhilfe hat ihren Ursprung in den 1930er Jahren.
Das nationalsozialistische Regime und der Spanische Bürgerkrieg
trieben Hunderttausende in die Flucht. In der Schweiz entstanden Hilfswerke,
die auf privater Basis Pionierarbeit leisteten. In der konkret umgesetzten
Hilfe und in der Zusammenarbeit über weltanschauliche, politische
und konfessionelle Grenzen hinweg bauten sie grundsätzlich Neues
auf. Diese Hilfeleistungen liefen der Haltung der schweizerischen Behörden
zuwider, deren Flüchtlingspolitik antisemitische Züge trug
und die Sympathien für die Achsenmächte hegten. Die private
Kinderhilfe nahm sich jüdischer Kinder an und operierte ausserhalb
der Schweiz vor allem im republikanischen Spanien oder im noch unbesetzten
Frankreich. In der Kinderhilfe der 1930er Jahre manifestierte sich also
gleichsam eine "andere Schweiz".
Diese erste umfassende Untersuchung (Dissertation an der Universität
Basel) eines bisher weitgehend unerforschten Themas stützt sich
auf umfangreiches unveröffentlichtes Quellenmaterial; sie bezieht
Interviews mit ehemaligen Beteiligten mit ein.
Siehe auch:
Jugend auf der Flucht 1933-1948
Nettie Sutro, Europa Verlag 1952, vergriffen
Jugend auf der Flucht ist ein Tatsachenbericht.
Nettie Sutro erzählt darin, wie eine Gruppe von Schweizerinnen
und Schweizern auf eine Not, die sie ins Herz traf, antwortete. Es war
die Not der verfolgten Kinder. Als Historikerin stellt die Verfasserin
- 10 Jahre nach der grossen Flüchtlingswelle - die besonderen Erlebnisse
dieser Jugend hinein in das gesamte grauenvolle Geschehen, das im Jahre
1933 in Deutschland seinen Anfang nahm und schliesslich kein Land der
Erde unberührt liess.