Moderator:
          Verlassen wir für einen Moment die Politik und wenden uns einem 
          anderen Thema zu: den Waldorfschulen. Hier gibt es keine Noten, dafür 
          gibt es manches, was in es in den anderen Schulen nicht gibt: Fremdsprachen 
          schon nach dem ersten Schuljahr, einen Ökogarten für die Schulküche, 
          Mädchen, die schreinern, Jungen, die stricken, und keiner bleibt 
          sitzen. So sind Waldorfschulen seit 80 Jahren ein Begriff für sanftes 
          Lernen. 
          Jetzt aber kommen sie ins Gerede. 
          In Frankreich beschäftigt sich die Sektenkommission des Parlaments 
          mit den Waldorfschulen und ihren anthroposophischen Lehren. Und auch 
          in Deutschland wird die Kritik an Konzepten und Unterrichtsformen immer 
          lauter. 
          
          Barbara Siebert und Eric Friedler berichten. 
          
          
        
        
        B 
          E R I C H T:
        Waldorfschulen 
          in Deutschland. 12 Jahre lang kein Leistungsdruck, keine Noten, keine 
          Auslese. Viel Raum für Musik und Kunst. 
          Schlüsselfigur ist der Klassenlehrer, acht Jahre lang führt 
          er allein die Kinder durch den Lehrstoff - ohne Schulbücher. Diese 
          Pädagogik ist mit einem Mann verbunden, dessen Bild in fast jeder 
          Waldorfschule hängt - Rudolf Steiner. Basis der Waldorfpädagogik 
          ist seine Lehre. Doch die soll nun Risse haben. 
          Wir sprechen mit enttäuschten Müttern von Waldorfschülern 
          aus allen Teilen der Bundesrepublik, fragen, warum sie ihre Kinder von 
          der Schule nahmen. 
          Heute haben sie Angst. Viele werden als Verräterinnen beschimpft. 
          Sie wollen nur anonym aussagen.
        O-Ton, 
          Mutter eines ehemaligen Waldorfschülers:
        »Da 
          ist keine Durchsichtigkeit da, keine Transparenz. Wir wissen nicht, 
          was da eigentlich gemacht worden ist. Es ist grundsätzlich so, 
          dass die Eltern in diese Pädagogik nicht genügend Einblick 
          erhalten.«
        O-Ton, 
          Mutter eines ehemaligen Waldorfschülers:
        »Eine 
          Schule, die rassistisch geprägt und weltanschaulich sehr einseitig 
          auf Steiner ausgerichtet ist. Es ist also eine Führerfigur, die 
          ich eigentlich so nie für meine Kinder für meine Kinder hätte 
          haben wollen. Im Geschichtsunterricht wurde von Rassen gesprochen. Die 
          Völker wurden kategorisiert, und diese ganze Evolutionstheorie, 
          mir ist das alles etwas eigenartig.«
          
          Sybille Jacobs tritt offen vor unsere Kamera. Viel zu spät sei 
          sie aufgewacht und nahm ihre Kinder erst Mitte der 90er Jahre von der 
          Waldorfschule. Seit einigen Jahren leitet sie einen Verein für 
          Eltern ehemaliger Waldorfschüler.
        O-Ton, 
          Sybille Jacobs, Initiative zur Anthroposophie-Kritik, Augsburg:
        »Es 
          wird meiner Meinung nach eindeutig rassistisches Gedankengut den Kindern 
          vermittelt. Zwar subtil und so, dass die Eltern das nicht unbedingt 
          sofort merken. Wir haben das auch nicht gemerkt, weil ich die Hefte 
          damals nie so genau angeschaut habe, weil die Kinder keine Schularbeiten 
          oder nur wenig Schularbeiten aufbekommen haben. Dann habe ich mir die 
          Hefte vorgenommen, und dann hat es mich fast umgehauen.«
        
        Geschichtshefte 
          der fünften Klasse aus verschiedenen Waldorfschulen. alle aus den 
          letzten Jahren. Hier finden wir eine Entwicklungslehre der Menschen, 
          die im Geschichtsunterricht staatlicher Schulen unbekannt ist. Die Arier, 
          so heißt es dort, verliessen den untergehenden Kontinent Atlantis, 
          um zahlreiche Hochkulturen zu begründen. 
          Begriffe wie Arier, Opferfeuer oder Arierwanderungen 
          tauchen auf - unkommentiert. Für den Betrachter von aussen wird 
          hier lediglich ein wenig bekannter Mythos vermittelt. 
          
          Experten sind da anderer Meinung. Der Inhalt der Schulhefte zeige, dass 
          den Kindern Mythologie als geschichtliche Tatsache gelehrt werde, eine 
          Entwicklungstheorie, die die Arier besonders hervorhebe, sei pädagogisch 
          unhaltbar.
        O-Ton, 
          Klaus Prange, Pädagoge, Universität Tübingen:
        »Diese 
          Konstruktion hat die Funktion, in den einzelnen ein Bewusstsein zu erzeugen, 
          dass in ihnen selbst die ganze Geschichte- so wie Steiner sie liest, 
          mit ihren Merkwürdigkeiten - in jedem Menschen diese Geschichte 
          präsent ist. Mit einem deutlichen Vorrang unserer Zugehörigkeit 
          oder angeblicher Zugehörigkeit, muss man ja sagen, zur arischen 
          Rasse, die da nach wie vor wie etwas behandelt wird, das es wirklich 
          gegeben hat.«
          
          In einigen Heften werden Eigenschaften ganzer Völker beschrieben. 
          Vermittelt wird dabei: Russen sind unbeherrscht und unpünktlich, 
          Franzosen oberflächlich, und sogenannte Buschmänner haben 
          Hohlkreuze und starke Hinterteile. 
          
          Hildegard Ernst bildet Geschichtslehrer für staatliche Schulen 
          aus. Ihr legen wir die Waldorfhefte vor. 
          Den Inhalt hält sie für fatal.
        O-Ton, 
          Hildegard Ernst, Historikerin, Universität Mainz:
        »In 
          einigen Kapiteln werden Völker mit Stereotypen überzogen, 
          die, wenn sie unkritisch so stehen bleiben, zu rassistischen Vorstellungen 
          führen müssen.«
          
          Nach Meinung einiger Eltern finden sich diese Einstellungen auch im 
          Schulalltag - mit schlimmen Konsequenzen.
        O-Ton, 
          Mutter eines ehemaligen Waldorfschülers:
        »Behinderte, 
          Ausländer und alles, was nicht in die Schublade, in die gewisse 
          Schublade gepasst hat, ist diskriminiert worden. Und unsere Kinder haben 
          da ganz große Probleme damit gehabt, weil wir sehr weltoffen, 
          sehr tolerant sind. Letztendlich ist es einer der grossen Gründe 
          gewesen, warum wir unser Kind von der Waldorfschule genommen haben.«
          
        
          O-Ton, Samuel Althof, Aktion Kinder des Holocaust, Basel:
        »Seit 
          circa 2 Jahren werden Geschichten uns zugetragen aus der Bundesrepublik 
          Deutschland von antisemitischen Vorfällen an Waldorfschulen. Diese 
          Vorfälle sind verschiedener Art, sie beinhalten zum Teil Gewalt 
          gegenüber Kindern, sie beinhalten aber auch verbale Gewalt: Du 
          darfst nicht jüdisch sein, du sollst besser aufhören, Hebräisch 
          zu lernen. Überhaupt: Gehe nicht in den jüdischen Religionsunterricht, 
          der Holocaust war eine Notwendigkeit, um das Karma abzutragen, die Opfer 
          sind nötig gewesen, und damit ist der Holocaust legitimiert.«
        Rassismus 
          und Antisemitismus in der Waldorfpädagogik? 
          Ein Rückblick. 
          
          1919 Rudolf Steiner soll für die Arbeiterkinder der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik 
          eine Schule gründen. Daher der Name Waldorf. Steiner entwickelte 
          dafür eine neue Pädagogik. Grundlage bis heute - die Anthroposophie. 
          Wiedergeburt und Karma stehen dabei im Vordergrund. 
          Mit Hilfe von Anthroposophie und Waldorfpädagogik soll der Mensch 
          im nächsten Leben eine höhere geistige Stufe erlangen.
        Doch 
          in Steiners Lehre findet sich auch Folgendes: Die weisse Rasse 
          ist die zukünftige, ist die am Geiste schaffende Rasse. Der 
          Neger hat also ein starkes Triebleben. So könnten die 
          Juden also nichts besseres vollbringen, als aufgehen in der übrigen 
          Menschheit, so dass das Judentum als Volk einfach aufhören würde, 
          das ist dasjenige, was ein Ideal wäre. 
          Drei von vielen Zitaten dieser Art aus Steiners Gesamtwerk. Wissenschaftler 
          und Eltern kritisieren, dass die Waldorfbewegung sich bis heute nicht 
          von diesen Aussagen distanziert habe. 
          Und: Viele Zeitgenossen Steiners vertraten ähnliche Thesen, doch 
          nur Steiners Lehre sei bis heute Grundlage eines pädagogischen 
          Systems. Die Kritiker sehen daher die Gefahr, dass diese Inhalte noch 
          heute an Waldorfschulen gelehrt werden könnten. 
          
          Die Waldorfbewegung bildet ihre eigenen Lehrer aus. Mittelpunkt dabei 
          - Steiners Gesamtwerk. Dass manche Waldorflehrer sogenannte Arierwanderungen 
          und Völkerstereotypen im Unterricht vermitteln, muss der Bund der 
          Freien Waldorfschulen eingestehen.
        
        
        
          O-Ton, Walter Hiller, Bund der Freien Waldorfschulen, 
          Stuttgart:
        »Wir 
          haben aber ganz sicherlich verstärkt die Diskussion zu pflegen 
          oder auch zu provozieren, was ist denn berechtigt Bestandteil der Waldorfschule 
          und was hat in der Schule nichts zu suchen, weil es auch wirklich zu 
          Irritationen und vielleicht auch zu Abschweifungen führen kann, 
          die mit einer persönlichen Ambition einer Lehrkraft vielleicht 
          zu tun hat, aber nichts mit dem, was Waldorfschule insgesamt sein soll.«
          
          Persönliche Ambitionen einer Lehrkraft? 
          Einzelfälle? 
          Gegenüber REPORT Mainz berichten ehemalige Waldorflehrer, es komme 
          immer wieder vor, dass umstrittene Inhalte unreflektiert in den Unterricht 
          einflössen. Und da es im Unterricht keine Bücher gäbe, 
          seien die Kinder auf das angewiesen, was der Lehrer ihnen erzähle.
        O-Ton, 
          Norbert Biermann, ausgestiegener Waldorflehrer:
        »Jeder 
          Waldorflehrer fühlt sich den Lehren Steiners verpflichtet, und 
          solange es für mich keine öffentliche Distanzierung von diesen 
          rassistischen Thesen gibt, ist es für mich unbegreiflich, dass 
          solche Schulen diese Ideologie im ausgehenden 20. Jahrhundert noch verbreiten 
          und dafür auch noch staatliche Förderung beanspruchen.«
          
          Heiner Ullrich beginnt demnächst die erste empirische Studie zu 
          den Waldorfschulen. Er will den Unterricht in der Praxis beobachten. 
          Doch schon jetzt fordert er mehr Pluralität in der Ausbildung von 
          Waldorflehrern. Weniger Steiner könnte bedeuten,
        O-Ton, 
          Heiner Ullrich, Pädagoge, Universität Mainz:
        »... 
          dass man sich von nationalistischen, rassistischen, antisemitischen 
          Vorurteilen in dieser Pädagogik ein für alle mal frei machen 
          könnte.«
          
          Abmoderation Bernhard Nellessen:
          Es geht uns wohlgemerkt nicht darum, die Waldorfschulen generell in 
          eine falsche, braune Ecke zu rücken. Wir glauben aber, dass es 
          für die Verantwortlichen höchste Zeit wäre, sich kritisch 
          mit dem Vater der Waldorfschule, Rudolf Steiner, auseinanderzusetzen. 
          
        
        
        Moderation: 
          
          Bernhard Nellessen
          
          Bericht:
          Eric Friedler
          Barbara Siebert 
          
          Kamera:
          Helmut Hörber
          Harald von Hellborn 
          
          Schnitt:
          Roland Rossner 
           
          
           Literaturliste:
          
          Badewien, Jan
          Die Anthroposophie Rudolf Steiners
          München, 1994 
        Bierl, 
          Peter:
          Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners 
          und die Waldorfpädagogik
          Hamburg, 1999
        Kayser 
          Martina, Wagemann Paul Albert:
          Wie frei ist die Waldorfschule. Geschichte und Praxis einer pädagogischen 
          Utopie
          Berlin, 1993
        Prange, 
          Klaus:
          Erziehung zur Anthroposophie. Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik.
          Bad Heilbrunn,1987
        Rudolph, 
          Charlotte:
          Waldorf-Erziehung. Wege zur Versteinerung.
          Darmstadt, 1987
        Steiner, 
          Rudolph:
          Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik
          Dornach 1992
          Aus der Akasha-Chronik
          Basel 1955
        Treiber, 
          Christine:
          Mein Eigenwesen fühl` ich kraftend zur Klarheit sich wenden 
           Bericht aus einem Waldorflehrerseminar
          aus: PÄD Forum; Nummer 6; Dezember 1997; S.531-548
        Ullrich, 
          Heiner:
          Waldorfpädagogik und okkulte Weltanschauung. Eine bildungsphilosophische 
          und geistesgeschichtliche Auseinandersetzung mit der Anthroposophie 
          Rudolf Steiners
          Weilheim und München, 1986
        Weibring, 
          Juliane:
          Die Waldorfschule und ihr religiöser Meister
          Waldorfpädagogik aus feministischer und religionskritischer Perspektive
          Oberhausen, 1998
          
        
        
        Rat, 
          Hilfe und Informationen: 
        Dr. 
          Klaus-Peter Meyer-Bendrat, Pädagoge; Evangelische Fachhochschule 
          Hannover.
          Dr. Meyer-Bendrat berät Eltern und Schüler, die Probleme mit 
          der Waldorfschule haben oder die Waldorfschule verlassen wollen.
          Meyer-Bendrat@efh-hannover.de
        Dr. 
          Jan Badewien; Sektenbeauftragter der Evangelischen Kirche Baden
          Dr. Jan Badewien hat sich auf das Thema Anthroposophie spezialisiert. 
          Er berät unter anderem Eltern, deren Kinder Probleme an der Waldorfschule 
          haben bzw. einen Schulwechsel für ihre Kinder erwägen.
          badewien@ev-akademie-baden.de
        Initiative 
          zur Anthroposophie Kritik; Die IzAK ist eine Initiative von Eltern ehemaliger 
          Waldorfschüler, die negative Erfahrungen mit der Waldorfschule 
          gemacht haben.
          Sybille Jacobs; IzAK Büro Augsburg
          IzAK@gmx.de
          
          Aktion Kinder des Holocaust: www.akdh.ch
        
        
         
          
            Die selbstredende Replick von Detlef Hardorp 
            (veröffentlicht am 28.2. 2000 auf der Internetsite von Ifo3, 
            AKdH Archiv)
          (...) 
            Schade, daß sich die Verantwortlichen der Report Sendung vor den Dreckkarren 
            einiger hartgesottener Anti-Waldorf Missionare hat spannen lassen. 
            Zugegeben: was diese den Waldorfschulen vorwerfen, ist derzeit das 
            Skandalträchtigste. 
            
            Detlef Hardorp Zur Report-Sendung vom 28. Februar 
            Detlef Hardop ist Sprecher der Waldorfschulen in Berlin und Brandenburg
            
         
        
         
        Paul 
          Spiegel bestätigt Recherchen des ARD-Magazins 
          REPORT Mainz 
          
          Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Seit circa eineinhalb 
          Jahren sind mir antisemitische Vorfälle an Waldorfschulen bekannt“ 
          
          In der Sendung „Wortwechsel“ des Südwestfernsehens (SWR) äußert sich 
          der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland u.a. zu antisemitischen 
          Vorfällen an Waldorfschulen. 
          Paul Spiegel wörtlich: „Seit ungefähr eineinhalb Jahren wird mir von 
          antisemitischen Vorfällen berichtet, aus verschiedenen Städten. Bisher 
          konnte ich nicht aktiv werden, weil die Eltern, die mir davon erzählt 
          haben, nicht bekannt werden wollten.“ 
          Auf die Frage, wie der Zentralrat der Juden künftig mit der Thematik 
          umgehen werde, kündigte Spiegel an, zunächst noch mehr Fakten zu sammeln. 
          „Wenn wir die Fakten beisammen haben, überlegen wir was wir machen.“ 
          
          Auf jeden Fall werde man an dem Thema dranbleiben. „Ich bin schon sehr 
          erschüttert über das, was ich da gehört habe“, so Paul Spiegel, der 
          mit seiner Stellungnahme Recherchen des ARD-Magazins REPORT Mainz bestätigte. 
          
          
          REPORT Mainz hatte am 28.2.2000 in der ARD unter anderem über rassistische 
          Lehrinhalte und antisemitische Vorgänge an deutschen Waldorfschulen 
          berichtet. Betroffene Eltern und ein Vertreter einer jüdischen Organisation 
          aus der Schweiz hatten über solche Lehrinhalte und Vorfälle informiert. 
          
          In dem Magazinbeitrag äußerten sich auch Pädagogik-Experten kritisch 
          über einzelne Aspekte der Waldorf-Pädagogik. 
          Das gesamte Gespräch zwischen dem Präsidenten des Zentralrats der 
          Juden in Deutschland, Paul Spiegel und Fritz Frey ist zu sehen im Südwestfernsehen 
          am Sonntag, 19.3.2000, um 22.35 Uhr. 
        
        
         
        dpa: 
          22.03.2000
          Rassismus-Vorwürfe zurückgewiesen 
          Der Bund der Freien Waldorfschulen hat Rassismus- und Antisemitismus-Vorwürfe 
          vehement zurückgewiesen. "Dies hat weder etwas mit unserem Lehrplan 
          noch mit unserer Lehrerausbildung zu tun'', sagte die Vorsitzende des 
          Landesverbandes der freien Waldorfschulen, Gise Kayser-Gantner, am Dienstag 
          in Stuttgart. Eine Umfrage an allen Schulen habe keine Anhaltspunkte 
          für die Verbreitung rassistischen oder antisemitischen Gedankengutes 
          oder Vorfälle in dieser Richtung ergeben. "Das ist nicht der Alltag 
          in den Waldorfschulen'', sagte sie. 
          
         
          Damit reagierte sie auf die jüngsten Aussagen des Präsidenten des Zentralrats 
          der Juden in Deutschland, Paul Spiegel. Spiegel hatte im Südwestfernsehen 
          (SWR) gesagt, dass ihm seit etwa anderthalb Jahren aus verschiedenen 
          Städten von antisemitischen Vorfällen berichtet werde. Die Eltern, die 
          ihm davon erzählt hätten, wollten anonym bleiben. Deshalb sei er noch 
          nicht aktiv geworden. Er werde zunächst noch mehr Fakten sammeln. Kayser-Gantner 
          betonte, der Bund der Freien Waldorfschulen versuche Kontakt zu Spiegel 
          aufzunehmen. Zuvor war in der ARD-Sendung "Report'' über rassistische 
          Lehrinhalte und antisemitische Vorgänge an Waldorfschulen berichtet 
          worden. 
        
        
        Gegendarstellungsbegehren 
          abgewiesen: 
          Bund der Freien Waldorfschulen im Rechtsstreit mit „REPORT Mainz“ in 
          wesentlichen Punkten gescheitert 
          
          Am 28.2. 2000 sendete das ARD-Polit-Magazin des Südwestrundfunks 
          (SWR) Report Mainz einen Beitrag mit dem Titel: Waldorfschulen, 
          enttäuschte Eltern berichten. Der Film setzte sich u.a. kritisch 
          mit den Unterrichtsinhalten an einigen Waldorfschulen auseinander.
        Eltern 
          von Waldorfschülern berichteten, dass sie den Unterricht an Waldorfschulen 
          als rassistisch geprägt erlebt hätten. Darüber 
          hinaus zeigte der Beitrag Schulhefte aus dem Geschichtsunterricht einzelner 
          Waldorfschulen, in denen stereotype Beschreibungen verschiedener Völker, 
          sowie Begriffe wie Arier, Arierwanderungen und 
          Arieropferfeuer auftauchten. Experten äußerten 
          Kritik an diesen Inhalten.
        Darüber 
          hinaus berichtete Samuel Althof, der Sprecher der Schweizer Initiative 
          Aktion Kinder des Holocaust, dass jüdische Kinder an 
          manchen Waldorfschulen unter antisemitischen Diskriminierungen zu leiden 
          hätten.
        Der 
          Beitrag führte zu heftigen Reaktionen bei Anhängern und offiziellen 
          Vertretern der Waldorfschulen. Unmittelbar nach der Sendung leitete 
          der Bund der Freien Waldorfschulen juristische Schritte gegen den SWR 
          ein und verlangte mehrere Gegendarstellungen sowie die Unterlassung 
          unterschiedlichster Aussagen. 
          
          
          Am 5.4.2000 hat das Landgericht Stuttgart das Begehren auf Gegendarstellung 
          in allen Punkten abgelehnt. 
          Wenige Tage vorher, am 22.3.2000, entschied das Landgericht Frankfurt 
          über die nachfolgend aufgeführten Aussagen:
        a. 
          Rassismus und Antisemitismus gehöre zu der Pädagogik der Waldorfschule
          b. jüdische Eltern nähmen vermehrt ihre Kinder von der Waldorfschule
          c. es käme zu antisemitischen Vorfällen an Waldorfschulen 
          und dabei würden u.a. folgende Äußerungen verbreitet 
          werden:
          Du darfst nicht jüdisch sein, Du sollst besser aufhören 
          hebräisch zu lernen. Überhaupt: Gehe nicht in den jüdischen 
          Religionsunterricht, der Holocaust war eine Notwendigkeit um das Karma 
          abzutragen, die Opfer sind nötig gewesen, und damit ist der Holocaust 
          legitimiert ( Zitat: Sprecher Initiative Kinder des Holocaust 
          )
        
          Mit diesem Ansinnen sind die Vertreter der Freien Waldorfschulen nun 
          vor dem Landgericht in Frankfurt im wesentlichen gescheitert. Mit Beschluss 
          vom 23.3.2000 wies das Landgericht Frankfurt einen Antrag des Bundes 
          der Freien Waldorfschulen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 
          gegen den SWR bezüglich der Punkte a) und c) zurück. Begründung: 
          die Sendung habe keine falschen Tatsachen über die 
          Waldorfschulen behauptet.
          Hier einige Sätze aus der Begründung des Frankfurter Beschlusses:
        
          Die Behauptung Rassismus und Antisemitismus gehöre 
          zu der Pädagogik der Waldorfschule hat die Antragsgegnerin 
          ( also der SWR ) nicht aufgestellt. Sie hat vielmehr im Rahmen ihrer 
          Reportage, nachdem einige Mütter von ehemaligen Waldorfschülern 
          und der Sprecher einer schweizer Bürgerinitiative Aktion 
          Kinder des Holocaust zu Wort gekommen waren, die Frage aufgeworfen: 
          Rassismus und Antisemitismus in der Waldorfpädagogik? 
          Die Fragestellung erfolgt in dem Beitrag in neutraler und sachlicher 
          Form und legt es nicht nahe, dass es sich bloß um eine rhetorische 
          Frage handelt, die Antwort für die Antragsgegnerin schon feststeht.
        Darüber 
          hinaus erklärte das Gericht, dass keine Anhaltspunkte dafür 
          vorlägen, dass die Äußerung von Herrn Samuel Althof 
          nicht der Wahrheit entspricht. Das Gericht stellte ferner ausdrücklich 
          fest, dass es nicht völlig unwahrscheinlich erscheint, dass 
          es an einzelnen Schulen von einzelnen Lehrern Äußerungen 
          gegeben hat, wie von Herrn Althof berichtet. Da Herr Althof mit seinen 
          Ausführungen nicht den Eindruck erweckt, die von ihm geschilderten 
          Vorgänge seien in den Waldorfschulen quasi an der Tagesordnung, 
          sind seine Äußerungen nicht zu beanstanden.
          
          Nach Auffassung von SWR-Chefredakteur und Report-Moderator Bernhard 
          Nellessen wird damit die Report-Berichterstattung nachdrücklich 
          bestätigt.
        Einzig 
          die unter Punkt b) aufgeführte Aussage darf vorläufig vom 
          SWR nicht mehr verbreitet werden. Dagegen wird der SWR jedoch Widerspruch 
          einlegen, weil ihm Stellungnahmen von Vertretern jüdischer Organisationen 
          vorliegen, die die von den Waldorfschulen angegriffene Aussage belegen. 
          Diese Unterlagen wurden dem Gericht bei der Antragstellung vom Bund 
          der Freien Waldorfschulen bislang vorenthalten.
         
          Quelle: 
            http://www.swr-online.de/report/aktuell/index.html
          Und 
            so sieht der Bund der Freien Waldorfschulen die Sache:
            "SWR leugnet den bisher erreichten Stand der gerichtlichen Auseinandersetzung 
            um die umstrittene Report-Sendung".
            Es ist erstaunlich mit welcher Überheblichkeit der Bund der Freien 
            Waldorfschulen die Arbeit des Gerichtes abqualifiziert.
          Bund 
            der Freien Waldorfschulen verliert Verfahren 
            gegen AKdH
            Das Gesuch des Bundes der Freien Waldorfschulen um Erlass einer provisorischen 
            Verfügung gegen den Sprecher der AKdH Samuel Althof wurde vom Bezirksgericht 
            Arlesheim am 5. Juni 2000 vollumfänglich abgewiesen. 
            Das Gesuch um Erlass einer superprovisorischen vorsoglichen Massnahme 
            wurde bereits am 24. März 2000 vom Bezirksgericht Arlesheim abgewiesen.
            In der Sendung "Waldorfschulen - enttäuschte Eltern berichten" vom 
            28. Februar 2000 bei "Report" (ARD) berichtete Samuel Althof über 
            Schwierigkeiten jüdischer SchülerInnen an Waldorfschulen.
          Die 
            AKdH betont, dass sie nur im Dialog und nicht in juristischen Streitereien 
            Wege zur Lösung der anstehenden Probleme sieht! 
            (das Urteil zip öffnen mit imaging 
            for windows)
            
            Anthroposophen unterlagen 
            QU. Tages-Anzeiger, 06 14 2000 
            
            Zürich. - Anthroposophen sind mit ihrer einstweiligen Verfügung 
            gegen einen Kritiker beim Bezirksgericht Arlesheim BL unterlegen. 
            Der Basler Samuel Althof von der Aktion Kinder des Holocaust hatte 
            den deutschen Waldorfschulen (Steiner-Schulen) in der Fernsehsendung 
            "Report" (ARD) vom 28. Februar vorgeworfen, sie würden 
            psychische und physische Gewalt gegenüber jüdischen Kindern 
            anwenden (TA vom 10. Mai). Ausserdem werde an den Schulen versucht, 
            den Holocaust zu rechtfertigen. Nachdem der deutsche Bund der Freien 
            Waldorfschulen erfolglos eine superprovisorische Verfügung beantragt 
            hatte, versuchte er es mit einer einstweiligen Verfügung. 
          In seinem 
            Entscheid hält das Bezirksgericht Arlesheim fest, dass Althof 
            seine Aussagen "nicht ohne hinreichenden Grund von sich gegeben 
            hat". Schriftliche Erklärungen von betroffenen Personen 
            hätten Althofs Aussagen bestätigt. Es sei davon auszugehen, 
            dass es ihm nicht bloss um eine Verunglimpfung der Steiner-Schulen 
            gegangen sei, sondern um eine für berechtigt gehaltene Kritik. 
            Das Gericht hob aber ausdrücklich hervor, dass damit noch nichts 
            über den Wahrheitsgehalt von Althofs Aussagen gesagt sei. Der 
            Bund der Waldorfschulen hat noch nicht entschieden, ob er den Fall 
            weiterziehen will. (sta.)
            _______________________________________________________________________________________________
            
         
        Die 
          Berichte der TaZ vom 13. Mai 2000  
        Quelle: 
          http://www.taz.de/tpl/2000/05/13.nf/text?Tname=a0150&list=TAZ_txt&idx=108
          
          Editorial: 
          Die Anthroposophie-Seiten der taz sind umstritten wie die Anthroposophie 
          selbst. Weder sind die Anhänger Rudolf Steiners immer glücklich 
          mit den Inhalten, noch sind alle taz-Leser damit einverstanden, daß 
          "diesen Spinnern" auch noch Platz eingeräumt wird. Eine 
          eventuelle Leserbriefflut wird dennoch nicht gefürchtet sondern 
          mit Freude erwartet: Der Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf dem Thema 
          "Waldorfpädagogik und Antisemitismus ?"
          
          taz Nr. 6141 vom 13.5.2000 Seite 35 25 Zeilen
          
          Antisemitismus an der Waldorfschule?
          UMGEDREHTE HAKENKREUZE
          Quelle: http://www.taz.de/tpl/2000/05/13.nf/text?Tname=a0153&list=TAZ_txt&idx=99
         
          Die 
            Berliner Rudolf-Steiner-Schule steht zur Zeit stellvertretend für 
            den Bund der Freien Waldorfschulen vor Gericht, und zwar mit der Allgemeinen 
            Jüdischen Wochenzeitung, herausgegeben vom Zentralrat der Juden 
            in Deutschland.
            
            Stein des Anstoßes ist ein Artikel des Blatts vom 30. März 
            dieses Jahres: "Waldorf-Unterricht rassistisch 
            geprägt? Kritiker werfen den Rudolf-Steiner-Schulen Antisemitismus 
            vor". Die Waldorfpädagogen fordern nun eine Gegendarstellung.
            
            Ausgelöst wurde die aktuelle Diskussion um Rassismus und Antisemitismus 
            in der Waldorfschule durch die SWR-Sendung "Report Mainz" 
            vom 28. Februar (auch hier folgte ein Rechtsstreit 
            siehe auch Artikel Tages-Anzeiger, 
            Zürich). In einem Beitrag über Waldorfschulen kritisierten 
            Eltern deren "rassistische Prägung" und eine auf "Rudolf 
            Steiner als Führerfigur" ausgerichtete Pädagogik. Darüber 
            hinaus zeigte der Beitrag Schulhefte aus dem Geschichtsunterricht 
            einzelner Waldorfschulen, in denen stereotype Beschreibungen verschiedener 
            Völker sowie Begriffe wie "Arier", "Arierwanderungen" 
            und "Arieropfer" auftauchten. Die in der Tat schwierige 
            und umstrittene zweite Seite der Anthroposophie und damit auch der 
            Waldorfpädagogik, ihre okkult-esoterische Weltsicht, ist schon 
            lange ein Streitthema. Auch der Antisemitismus-Vorwurf ist nicht neu.
            
            In dem "Report"-Beitrag berichtete jedoch Samuel Althof, 
            Sprecher der Basler Initiative "Aktion Kinder des Holocaust", 
            ihm werde zunehmend über antisemitische Diskriminierung an Waldorfschulen 
            berichtet.
            
            Die Aussagen Althofs wurden später von Paul 
            Spiegel, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, bestätigt. 
            In der SWR-Sendung "Wortwechsel" vom 19. März sagte 
            Spiegel in Bezug auf die Waldorfschulen: "Seit ungefähr 
            anderthalb Jahren wird mir von antisemitischen Vorfällen berichtet, 
            aus verschiedenen Städten. Bisher konnte ich nicht aktiv werden, 
            da die Eltern, die mir davon erzählt haben, nicht bekannt werden 
            wollten."
            Die daraufhin losgetretene Diskussion bot genug Anlass für einen 
            Artikel in der Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung, der das Thema 
            der "Report"-Sendung aufgriff und sich darüber hinaus 
            eingehender mit der Problematik Rudolf Steiner und Antisemitismus 
            befasste: Zitiert wurde Steiner unter anderem mit dem Satz "Das 
            Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine 
            Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es 
            sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte."
            Findet, wie in dem Artikel kritisiert, tatsächlich keine sachliche 
            Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der Waldorfbewegung statt, 
            oder handelt es sich um "diffamierende Meinungsmache", wie 
            der Bund der Freien Waldorfschulen meint?
            
            Letzterer Ansicht ist auch Evelyn Hecht-Galinski. Die Tochter des 
            langjährigen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, 
            Heinz Galinski, hat sich zu Wort gemeldet. Sie gründete die "Vereinigung 
            gegen die Verunglimpfung der Waldorfpädagogik" und schaltete 
            Anzeigen unter anderem in der Zeit und der Süddeutschen. Die 
            taz hat für diese Ausgabe ein Interview mit ihr geführt. 
            Auch der Sprecher der Berlin-Brandenburgischen Waldorfschulen, Detlef 
            Hardorp, bekommt hier Gelegenheit, sich zu Rudolf Steiner und seinem 
            Verhältnis zu Judentum und Zionismus zu äußern.
            
            Eine öffentliche Diskussion des sensiblen Themas muss auch ohne 
            Mitwirkung des Gerichts möglich sein, die Waldorfschulen laufen 
            ohnehin Gefahr, sich mit einer Klage gegen die vom Zentralrat der 
            Juden herausgegebene Zeitung mehr Schaden als Nutzen zuzufügen. 
            Die geforderte Gegendarstellung kommt über philosophische Spitzfindigkeiten 
            und Korrektur falscher Zahlenangaben kaum hinaus, auf der anderen 
            Seite erschien in der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung bereits 
            eine Leserbriefseite mit der Überschrift "Der antisemtische 
            Anzug passt nicht": Sämtliche Schreiber hatten sich hier 
            mit der Waldorfpädagogik solidarisiert. 
            MARTIN REICHERT
            ____________________________________________________________________________
            "Verbale Diffamierungen"
            http://www.taz.de/tpl/2000/05/13.nf/text?Tname=a0156&list=TAZ_txt&idx=92
            Evelyn Hecht-Galinski, die Tochter des langjährigen Vorsitzenden 
            des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, verteidigt die Waldorfschulen 
            gegen den Verdacht des Antisemitismus
            
            Frau 
            Eveline Hecht-Galinskis und Herrn M. Barkhoffs (Medienbeauftragter 
            der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland) selbstredendes 
            Schreiben an die Mitglieder des Patronatskomitees 
            der Aktion Kinder des Holocaust. (tif ) Das Schreiben ist eine Reaktion 
            auf die Aussagen S. Althofs bei Report und ein Versuch das Patronatskomitee 
            von der AKdH abzuspalten. Der Versuch scheiterte!
            
            Frau Hecht Galinski verteidigt in ihrem Schreiben an das Patronatskomitee 
            sogar das von Experten als antisemitisch bezeichnete Buch Das 
            Rätsel des Judentum von Ludwig Thieben, veröffentlicht 
            im anthroposophischen Perseus Verlag in Basel. 
            
            Das im Schreiben gewählte Niveau der Auseinandersetzung entspricht 
            nicht unseren sachlichen Interessen und in keiner Weise der ethischen 
            und moralischen Haltung der AkdH. Aus diesem Grund und um unnötige 
            Verhärtungen und Verletzungen zu vermeiden, entschied sich die 
            AKdH, trotz des nachweislich ehrverletzenden und erlogenen Inhalts, 
            vorerst keine rechtlichen Schritte gegen Frau Hecht-Galinski und Herrn 
            Barkhoff zu unternehmen.
            
            taz: Frau Hecht-Galinski, Sie waren selbst Waldorfschülerin 
            in Berlin. Wie sind Ihre Erfahrungen aus dieser Zeit? Können 
            Sie sich an antisemitische Vorkommnisse erinnern, oder wurden Sie 
            als Jüdin irgendwie diskriminiert?
            
            Evelyn Hecht-Galinski: Ich habe nur die besten Erinnerungen 
            an meine Schulzeit in der Waldorfschule. Niemals wurde ich als jüdische 
            Schülerin anders behandelt als meine Mitschüler. Auch ausländische 
            Kinder in meiner Klasse wurden nie diskriminiert. Im Gegenteil, es 
            wurde großer Wert darauf gelegt, dass ich den jüdischen 
            Religionsunterrricht in der Jüdischen Gemeinde besuchen konnte. 
            Man war auch interessiert an jüdischen Riten und Feiertagen. 
            Genauso interessierte auch ich mich immer schon für andere Konfessionen 
            und Bräuche. Dieses tolerante Miteinander fördert die Waldorfpädagogik. 
            Gerade deshalb hat mich mein Vater auch sehr bewusst auf die Waldorfschule 
            geschickt.
            
            Haben Sie sich nach der Schulzeit mit der Anthroposophie beschäftigt? 
            Sind Sie selbst Anthroposophin?
            Ich kann nur sagen: Während meiner Schulzeit habe ich sehr wenig 
            mit Anthroposophie zu tun gehabt, denn im Unterricht wird sie ja nicht 
            vermittelt.
            Dies steht ganz im Gegensatz zu dem, was unwissende Leute jetzt in 
            den Medien darstellen. Da wird nämlich so getan, als ob auf der 
            Waldorfschule anthroposophieverseuchte Rassisten erzogen würden! 
            Dagegen verwahre ich mich ganz entschieden!
            Nach meiner Schulzeit habe ich mich auch nicht mit der Anthroposophie 
            beschäftigt. Mir hat nur immer die Farbenlehre gut gefallen, 
            die mir später beruflich in unserer Textilfirma sehr hilfreich 
            war. Außerdem mag ich den biologisch-dynamischen Landbau von 
            Demeter 
            sehr gerne. All diese Sachen sind ja erst heute zu ihrer Blüte 
            gekommen. Aber um diese gut zu finden, muss man ja keine Anthroposophin 
            sein. Auch die Esoterik liegt mir völlig fern.
            
            Wie weit sind Sie mit der Jüdischen Gemeinde oder dem Judentum 
            verbunden, und gibt es nach Ihrer Erfahrung grundsätzlich negative 
            Einstellungen den Waldorfschulen gegenüber?
            Ich bin erziehungsmäßig und traditionell mit dem Judentum 
            verbunden, aber nicht im religiösen Sinne. Nach meinen Erfahrungen 
            gibt es keine negativen Einstellungen der Juden 
            der Anthroposophie gegenüber. Während der Amtszeit meines 
            Vaters als Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland 
            jedenfalls nie. (Brief von Ignatz Bubis 
            an AKdH)
            Insofern haben mich die pauschalen und unbewiesenen Äußerungen 
            des derzeitigen Vorsitzenden Paul Spiegel im Interview des SWR verwundert. 
            Es gab ja diese "Report"-Sendung, und auch die Allgemeine 
            Jüdische Wochenzeitung hat in der Ausgabe vom 30. März dieses 
            Jahres einen negativen Artikel über die Waldorfschulen veröffentlicht, 
            der die Vorwürfe der Fernsehsendung wiederholt, sie jedoch auch 
            nicht belegt.
            
            Wie ist Ihre Auffassung dazu?
            Nach der "Report"-Sendung aus Mainz vom 28. Februar war 
            ich so entsetzt über diese gezielten Diffamierungen und unbewiesenen 
            Behauptungen, auch noch mit anonymen Äußerungen! Durch 
            die Telefonate mit Herrn Friedler von "Report" Mainz [ARD-Fernsehen], 
            Mariette Schäfer, einer unter Pseudonym schreibenden Journalistin 
            und Verfasserin des schlecht und falsch recherchierten Artikels in 
            der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung, und Herrn Klaus Werry, 
            der im Deutschlandfunk Köln einen hasserfüllten Kommentar 
            zum 75. Todestag Rudolf Steiners gesprochen hatte, habe ich erst den 
            unvorstellbaren Hass - für mich überhaupt nicht nachvollziehbar 
            - zu spüren bekommen.
            Mit diesen Leuten ist überhaupt keine normale Diskussion möglich, 
            da sie nur verbale Diffamierungen loslassen.
            
            Wie kamen Sie auf die Idee, mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit 
            zu treten?
            Weil ich diese Angriffe diffamierend und ohne konkrete Beweise fand 
            und weil ich von meinem Vater so erzogen worden bin, zu solchem Unrecht 
            nicht zu schweigen.
            Hat Ihr Aufruf bereits Wirkung gezeitigt?
            Glücklicherweise ja! Ich bekomme täglich Briefe von jüdischer 
            und nichtjüdischer Seite. Die Leute berichten mir von ihren guten 
            Erfahrungen und sind genau wie ich entsetzt. Erstaunlicherweise sind 
            bisher keine anonymen oder negativen Briefe dabei gewesen. Die Menschen, 
            die mir schreiben, haben es nicht nötig, ihre Namen geheim zu 
            halten. Das hat mich sehr ermutigt und bestärkt, weiterzumachen.
            Interview: ACHIM HELLMICH 
          
          Bund 
          der Freien Waldorfschulen unterliegt auf ganzer 
          Linie gegen den SWR
          
          Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit seinem Urteil vom 14.12.2000 
          (Az: 16 U 138/00) eine Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 22.3.2000 
          aufgehoben. Das LG Frankfurt hatte es seinerzeit dem SWR untersagt, 
          die Behauptung zu verbreiten, dass jüdische Eltern vermehrt ihre 
          Kinder von der Waldorfschule nähmen. Der Beschluss bezog sich auf 
          die Berichterstattung des ARD-Magazins REPORT Mainz. Die Sendung vom 
          28.2.2000 hat unter anderem kritisch über Waldorfschulen berichtet, 
          insbesondere antisemitische Vorfälle wurden öffentlich gemacht. 
           
          Hiergegen 
            hatte der Bund der Freien Waldorfschulen zunächst versucht, diverse 
            Gegendarstellungen zu erwirken; war damit aber sowohl beim Landgericht 
            als auch beim Oberlandesgericht Stuttgart gescheitert.
          Zwei 
            weitere Unterlassungsbegehren hatte das Landgericht Frankfurt bereits 
            am 22.3.2000 zurückgewiesen.
          Mit 
            der jetzigen Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt ist der 
            Bund der Freien Waldorfschulen nunmehr in allen Rechtsstreitigkeiten 
            dem SWR unterlegen. Der Redaktionsleiter von REPORT Mainz, Fritz Frey, 
            sieht damit die REPORT-Berichterstattung in vollem Umfang bestätigt. 
            
          Oberlandesgericht: 
            SWR gewinnt Rechtsstreit gegen Waldorfschulen 
            
            QU: Frankfurter Rundschau, 18. Dezember 2000
            
          In einem 
            Rechtsstreit zwischen dem Bund der Freien Waldorfschulen und dem Südwestrundfunk 
            (SWR) über Probleme mit jüdischen Schülern hat das 
            Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zu Gunsten der Rundfunkanstalt entschieden. 
            Mit seiner Entscheidung (Az.: 16 U 138/00) hat das OLG einen Antrag 
            des Bundes Freier Waldorfschulen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung 
            gegen den SWR zurückgewiesen. Mit der Verfügung sollte dem 
            Sender die Behauptung verboten werden, jüdische Eltern nähmen 
            vermehrt ihre Kinder von den Waldorfschulen. 
          Der 
            SWR hatte diese Behauptung in der Fernsehsendung Report Mainz aufgestellt 
            und sich zum Beweis auf Äußerungen unter anderem des Präsidenten 
            des Zentralrats der Juden in Deutschland sowie auf zwei eidesstattliche 
            Versicherungen von Eltern berufen. Damit bestand nach Feststellung 
            des Gerichts eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die 
            Richtigkeit der Behauptung, die von dem Bund der Freien Waldorfschulen 
            bestritten wurde. 
          Am 28. 
            Februar diesen Jahres hatte der SWR in dem Beitrag Report Mainz über 
            vermeintlich antisemitische Vorfälle an Waldorfschulen berichtet 
            und gefragt, ob Rassismus und Antisemitismus zur Pädagogik der 
            Waldorfschule gehörten. Der Bund der Freien Waldorfschulen hatte 
            daraufhin die Unterlassung einiger Aussagen des Films gefordert. dpa