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  Geschichte der Aktion Kinder des Holocaust (AKdH) im Überblick von 1991 bis 1999
 

 

1991

Anlässlich eines Artikels der «Jüdischen Rundschau» zum israelischen Unabhängigkeitstages kritisiert die AKdH das Geschichtsbild und fordert zur Demontage des israelischen Heldenmythos und zur Solidarität mit den Opfern auf.

In der Morgensendung «Vitamin 3» von Radio DRS 3 wurden orthodoxen Juden beleidigend lächerlich gemacht. Die AKdH verwahrt sich bei Radio DRS gegen diese Lächerlichmachung, worauf sich der Moderator entschuldigt.

In der Kirche von Flüeli Ranft befinden sich Flüchtlinge kurdischer Herkunft, um der ungerechten Ausweisungspraxis der Schweiz entgehen zu können. Die AKdH unterstützt diese mit einem Protestschreiben, das sich gegen deren Ausschaffung richtet.

1992

Die AKdH wird Mitbegründerin der Kontaktstelle für Kinder Überlebender der Judenverfolgung des Naziregimes, Schweiz. Aufbau eines Archivs u. a. mit Deportationslisten zur Verfügung von Angehörigen und Aussenstehenden .

Die AKdH nimmt an einer Sendung zum Thema jüdisch/israelisch - israelisch/palästinensische Freundschaft bei Radio DRS (19.1.1992) teil.

1993

Öffentlicher Protest der AKdH gegen die Deportation von 415 Hamas-Aktivisten unter Ministerpräsident Izchak Rabin unter Verweis auf die 4. Genfer Konvention, die Deportationen aus besetzten Gebieten nicht erlaubt.

Kinder des Holocaust protestieren

(sda) Die "Aktion Kinder des Holocaust" hat in einem offenen Brief an den israelischen Ministerpräsidenten Ytzhak Rabin die Deportation von mehr als 400 palästinensischen Hamas-Aktivisten nach Südlibanon verurteilt. Diese Entscheidung könne für alle Beteiligten negative Folgen haben und damit zum Bumerang für alle Juden werden, schreibt die Organistaion.

Die Unterzeichnenden berufen sich auf die 4. Genfer Konvention, die Deportationen aus besetzten Gebieten untersagt. Die Hamas-Aktivisten sind ihrer Meinung nach "Kriegsgefangene Israels", die in Israel vor ein Gericht gestellt, und nicht durch Deportation zu Märtyrern gemacht werden sollen. "Als Kinder deportierter, geflohener oder gefolterter Juden" könnten sie es nicht rechtfertigen, dass ein neues Flüchtlingslager geschaffen werde.

Saner und Meienberg
Der offene Brief ist von Angehörigen der jüdischen Religionsgemein-
schaften unterschrieben. Ausserdem wird er von anderen Persönlichkeiten unterstützt, so etwa vom Philosophen Hans Saner, der Schriftstellerin Mariella Mehr und dem Publizisten Niklaus Meineberg.

 

Die AKdH engagiert sich in der langwierigen Auseinandersetzung um Jürgen Graf, bekannt als ein notorischer Holocaustlügner und Antisemit.

Engagement der AKdH in Palästina/Israel für ein Pilotprojekt "Hilfe zur Selbsthilfe" in Zusammenarbeit mit der "Union of Agricultural Work-Commitees" und der Universität Birzeit (Produktion u. Export von Olivenöl). Für die Existenzgrundlage palästinensischer Bauern beteiligen wir uns am Know-How-Transfer und unterstützen finanziell.

Öffentliche Kritik der AKdH an der Bombardierung Süd-Libanons durch die Israelische Armee. Wir kritisieren «(...) die Vertreibung von unbeteiligten und wehrlosen Menschen aus ihrer Heimat als eine gemeine Verletzung grundlegender Menschenrechte».




Der wieder hergestellte
Gedenkstein in Stuttgart

-> Bild: 1.v.l. Gertrud Müller †
(VVN-BdA Stuttgart)

Würde des Gedenkortes wieder hergestellt: Die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) bittet die AKdH um Unterstützung.

Der in mitten der Gartenbauaustellung (Stuttgart) stehende, arg vernachlässigte Gedenkstein an die Deportation der Juden und Kämpfer/innen des antifaschistischen Widerstandes wird auf Druck der AKdH innert 24 (!) Stunden wieder in Stand gesetzt. Wir ehren den Ort und pflanzen, im Gedenken an die Deportationen, gemeinsam mit Überlebenden des antifaschistischen Widerstandes, Blumen.



VVN-BdA Büro Stuttgart. Gespräch mit Gertrud Müller †
Alle Fotos © AKdH


Viel Arbeit für die Rehabilitierung Paul Grüningers. Einreichung einer von der AKdH lancierten internationalen, von mehr als 3000 Personen unterzeichnete Petition an die Stadt St.Gallen. (u.a. gez. von Serge Klarsfeld, Simon Wiesenthal, Niklaus Meienberg, Prof. Horst Eberhard Richter, Prof. Robert Jungk, Ralph Giordano ). Als Zeichen der Wiederherstellung seiner Ehre, fordern wir eine Strasse in der Stadt St.Gallen nach Paul Grüninger zu benennen. Kranzniederlegung an seinem Grab.


Übergabe der Petition an der Regierungsrat in St.Gallen mit einem Strassenschild, Foto © AKdH

1994

Ein Mitglied der Aktion sucht den schwer verletzten und kranken, ehemaligen ägyptischen General Al Badraui in Kairo, zu einem persönlichen Friedensgespräch auf.

Ein Mitglied der AKdH nimmt im «Zischtigsclub» von TV DRS Stellung zum Film «Schindlers Liste» von Steven Spielberg und kritisiert diesen als Betroffenheits-Kino, mit wenig Beitrag zu Aufklärung.

Die AKdH nimmt öffentlich Stellung zu Regierungsratskanditat Hans Martin Tschudins Äusserung «... er hätte es bis zur Vergasung gehört...» und verurteilt diese scharf. Hans Martin Tschudin «entschuldigt» sich.

1995

Das Fernsehen DRS dreht einen Dok Film über die «Kontaktstelle für Kinder Überlebender der Judenverfolgung des Naziregimes, Schweiz» in welchem die Auswirkungen der Shoah auf die zweite Generation, anhand der Portraits von 2 Mitgliedern der Kontaktstelle und der AKdH, thematisiert wurde. Alfred A. Häsler kommentierte die Sendung.

1996

Mittels dem Druck der erfolgten Strafanzeige (möglicher Verstosses gegen Art. 261bis StGB) gegen 5 Schallplattengeschäfte in Basel, versucht die AKdH die angezeigten Geschäfte zu veranlassen, Tonträger der Gewalt verherrlichenden Neonazi-Kultband «Böhse Onkelz», die den gefährlichen und gewalttätigen Hammer-Skins nahe stehen, sowie die Tonträger der Band «Deth in June» aus dem Verkauf zu nehmen. Resultat: Einige Geschäfte üben eine bessere Selbstkontrolle aus.

Einstellung des Verfahrens (zu Onkelz) durch die Basler Staatsanwaltschaft "(...) Die beanstandeten Texte erfüllen für sich allein den Tatbestand des Antisemitismus und der Rassendiskriminierung nicht, könnten allenfalls jedoch im Zusammenhang mit früher vertretenen Ideologien als rassistisch empfunden werden (....) Als Feind Nummer eins könnten die Juden gemeint sein (...)". Vielfältiges Presse Echo. Die Firma City Disc auferlegt sich minimale Selbstzensur und verzichtet auf den Verkauf von gewissen Tonträger der Onkelz. Die Firma RecRec in Zürich verzichtet sofort auf den Verkauf von CD's der Band Böhse Onkelz. Der deutsche Grossverteiler «World of Music - WOM» verzichtet auf den Vertrieb von Onkelz-Tonträgern: «(...) Aus unserer Sicht steht eindeutig fest, dass der Bandname Böhse Onkelz in der rechten Szene Symbolkraft besitzt. Und genau diese Symbolwirkung des heute unveränderten Bandnamens (...) trägt nach wie vor zu den hohen Verkaufszahlen ihrer Tonträger bei. An der Kapitalisierung dieses Markenzeichens wollen wir uns nicht beteiligen».

Ganz anders Herr Bach, Direktor der Firma Virgin (Tina Turners Lebenspartner), welche zur Zeit die Onkelz als Grossverteiler in der Schweiz vertreiben, an die AKdH durch seinen Manager Direktor Herr Udo Lange: «(...) Bevor ich die Böhsen Onkelz unter Vertrag genommen habe, habe ich mich ausführlich mit der Gruppe beschäftigt und für mich festgestellt, dass die Band mit ihren heutigen Texten keinesfalls rassistische Ansichten vertritt. Wenn Sie sich ausführlich mit der Band beschäftigen würden, dann würden auch Sie diese Meinung teilen». Er schickt gleich die neueste CD gratis mit. Gespräche mit den anderen Schallplattengeschäfte sind leider vergeblich.

Beiläufig entdeckt wurden in Deutschland verbotene Txte der Neonazi-Band «Böhse Onkelz» auf einem Server der ostdeutschen Universität Illmenau. Wir machen die Universität auf den Sachverhalt aufmerksam. Herr Manfred Schilling, Dekan der Universität entschuldigt sich: «Der Internetzugang seiner Universität sei ohne sein Wissen missbraucht worden. Ich distanziere mich nachdrücklich.» und nannte den sonderbaren Internet Beitrag «verwerflich und rufschädigend». Nach drei Wochen: Entschuldigung von Herrn Alexander Schmidt, dem eigentlichen Verantwortlichen der Internetseite.

Mithilfe beim Aufbau der Kontaktstelle für Überlebende des Holocausts in Zürich.

1997

Anlässlich dem Herzl-Jubiläum gründet AKdH den Verein ONE VOICE FOR PEACE (OVP) und organisiert ein Friedenskonzert in der Reithalle der Kulturwerkstatt Kaserne Basel.


Die Pressekonferenz vor dem Konzert. V.l.n.r.:
S. Althof, S. Saweiti, u. Avnery, Y. Dalal, K. Zuckermann, P. Karger



AKdH-OVP eröffnet das Friedenskonzert. C. Sonderegger und S. Althof

Uri Avnery (ehem. Abgeordneter im israelischen Parlament u. Friedensaktivist) eröffnete das Konzert mit einer Ansprache. AKdH-OVP verabschiedete am Konzert eine 7 Punkte umfassende Proklamation, die wenige Tage später dem Präsidenten des israelischen Parlamentes Dan Tichon durch Uri Avnery überbracht und im Parlament vorgetragen wird.

Unter grossen Sicherheitsvorkehrungen begann die Bündnerin Corin Curschellas das Konzert, gefolgt von Ken Zuckermann und den israelischen Musiker Al OL mit den Brüdern Saweiti aus der West-Bank. Alle Künstler verzichten zu Gunsten der Brüder Saweiti und zur Förderung der Friedensorganisation Newe Shalom.


Vor dem Konzert fand eine Ausstellung über Neve Shalom statt.

Nach dem Konzert entgehen die Musiker auf ihrer Fahrt ins Hotel nur knapp einem Attentat. Nur wenige Meter neben der Einfahrt zum Hotel explodierte eine Rohrbombe als der Bus mit den Musikern die Einfahrt passierte.


Corin Curschellas     
Fotos © Claude Gyger, Basel

Konservative jüdische Kreise versuchen das Konzert zu verhindern und intervenieren bei der Basler Regierung. AKdH-OVP erhielt dadurch keine finanzielle Unterstützung aus dem Lotteriefonds des Kanton Basel-Stadt und konnte nur mit grösster Anstrengung einen Konzertsaal in Basel finden.
Druck auch aus Israel: Noch einen Tag vor dem Konzert war Ungewiss, ob die palästinensischen Musiker aus den von Israel besetzten Gebieten ausreisen durften. JournalistInnen gelang es den Druck zu erwidern um den Musikern das Kommen in letzter Minute zu ermöglichen!
Das Konzert wurde u.a. von Swissair, Crossair, Swissotel Le Plaza Basel, Coop Schweiz, Manor Basel, Imholz Reisen, Tagesanzeiger Zürich, Rosenthal Garage Basel, Bank Parisbas und vielen weiteren Personen und Firmen unterstützt.

Interview bei Radio Förderband in Bern zum Thema: Wie fühlt sich ein jüdischer Mensch in der aktuellen politischen Situation in der Schweiz. (Solidaritätsstiftung)

1998

Die israelische Friedensorganisation Gush Shalom organisiert einen Boykott gegen israelische Wirtschaftszweige in den besetzten Gebieten. Die AKdH führt Verhandlungen mit der Migros, die den Verkauf von Cherry Tomaten aus den israelischen Siedlungen im Gaza Streifen einstellt.

Die AKdH lanciert eine öffentliche und weit beachtete Debatte zum Thema "Antisemitismus in der Anthroposophie" an Hand des Buches «Das Rätsel des Judentums» von Ludwig Thieben, 1931 (1991 im Perseus Verlag), mit dem Ziel ein öffentliches Podium zu veranstalten. Pfarrer Nico Rubeli (Stiftung für Kirche und Judentum) und Dr. Heidy Zimmermann, Judaistin, erstellen je ein wissenschaftliches Gutachten zum o.g. Buch und zum Nachwort, verfasst vom Verleger Thomas Meyer. Die Gutachter stützen die Kritik der AKdH und fordern ebenfalls, das Buch aus dem Handel zu nehmen. Die Forderungen der AKdH werden von zahlreichen Organisationen und einzelpersonen unterstützt.

Vertreter der Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft (AAG) in Dornach, Prof. E. Stegemann, Prof. E. L. Ehrlich, Pfr. Käthy Ehrensperger, Pfr. Nico Rubeli, Dr. Hans Saner und Thomas Lyssy werden für den 9. Juni 1998 zu einem ersten Gespräch in der Universität in Basel eingeladen. Vier Tage vor dem Termin wird das Treffen seitens der AAG mit schwer nachvollziehbarer Begründung abgesagt.

Die AKdH versucht erfolglos die Auftritte von Frau Babro Karlén im Basler Hilton und im Volkshaus in Zürich zu verhindern. Frau Karlén behauptet die reinkarnierte Anne Frank zu sein. Sie stützt sich auf die Anerkennung durch Buddy Elias, Anne Franks letzter überlebender Cousin und Präsident des Anne Frank Fonds Basel. Die AKdH nimmt schriftlich Stellung zur komplexen Thematik und fordert den Rücktritt von Buddy Elias als Präsident des Anne Frank Fonds, Basel.

Am Checkpoint Tarkunia, in den durch die israelische Armee besetzten palästinensischen Gebieten, werden 3 Familienväter von der israelischen Armee «versehentlich» erschossen. In einer schnellen und unbürokratischen Aktion sendet die AKdH und OVP Fr. 3000.-- an die Witwen der Erschossenen. Der Betrag, den Uri Avnery den Familien überbrachte, wurde zusätzlich von der Friedensbewegung Gush Shalom aufgerundet. Jetzt sucht OVP und AKdH nach Organisationen, welche die 3 Familien «adoptieren», damit den insgesamt 17 Kinder eine minimale Ausbildung ermöglicht werden kann.


Uri Avnery übergibt in Dura im Namen von AKdH-OVP und
Gush Shalom das Geld an Frau Schararneh, Mutter von 3 Kindern

Die AKdH versucht durch Recherche- und Vermittlungsarbeit 4 Personen, die überlebende Kinder des Konzentrationslager Auschwitz zu helfen. Diese waren 1942 medizinischen Versuchen mit Polygal ausgesetzt waren und leiden heute dadurch an Leukämie.

Die AKdH deckt die Geschichte der Lieferungen der Firma Weleda an den damaligen KZ-Arzt in Dachau Sigmund Rascher auf und macht diese in der Schweiz publik (Sonntags-Zeitung). (Rascher verwendete die «naturheilkundliche Frostschutzcreme» von Weleda bei Unterkühlungsversuchen im Konzentrationslager Dachau). Nach anfängliche Amnesie von Weleda folgt eine schriftliche Entschuldigung und die Zusicherung der Archivöffnung. Die Untersuchung übernimmt das Historische Seminar Basel.

1999

Die AkdH initiiert und organisiert gemeinsam mit BastA!, Frauenliste Basel-Stadt, Grüne Partei Basel-Stadt, SP Basel-Stadt eine Informationsvstalung mit zwei Kurzreferaten zum Thema «Antisemitismus in der Anthroposophie». Die Kurzreferate vom Journalisten und Politologen Peter Bierl und vom Theologieprofessor Ekkehard Stegemann gehalten. Für die Moderation der folgenden Diskussion konnte Gian Reto Plattner, Ständerat Basel-Stadt (SP) gewonnen werden.

Die AKdH wird auf die antisemitische Internetseite www.jewwatch.com aufmerksam gemacht und sucht nach Wegen, diese vom Netz nehmen zu lassen. Gleichzeitig reicht die AKdH bei der Bundespolizei in Bern einen Vorschlag zur Bildung einer unabhängigen Kommission «Rassismus auf dem Internet» ein. Dieser Vorschlag bringt die ins Stocken geratene Diskussion über die Verantwortlichkeit der Provider bezüglich der «transportierten Inhalte» auf dem Internet wieder in Gang.